Geburt ist politisch - lasst uns nicht an den Hebammen sparen!

Charlotte Neuhäuser


Am Freitag, den 2. Mai, traf sich die Bundestagsabgeordnete Charlotte Neuhäuser mit dem Hebammenteam Paderborn, um über die dramatischen Auswirkungen des neuen Hebammenhilfevertrags zu sprechen, der am 1. November 2025 in Kraft tritt. Das Treffen fand kurz vor dem internationalen Hebammentag am 5. Mai statt - einem Anlass, der auf die oft unsichtbare, aber unverzichtbare Arbeit von Hebammen aufmerksam machen soll. Die Hebammen machten deutlich: Die neue Regelung gefährdet nicht nur ihre wirtschaftliche Existenz, sondern auch die Versorgung von Gebärenden im Kreis Paderborn.

Beleghebammen sind freiberuflich tätig und begleiten Frauen bei der Geburt im Krankenhaus – oft in einem selbstorganisierten Schichtsystem, wie es das Paderborner Team seit 2023 praktiziert. Sie sichern Tag und Nacht die Betreuung im Kreißsaal und übernehmen aktuell mehr als jede fünfte Geburt in Deutschland. Allein in den St. Vincenz Kliniken – zu denen auch die Klinik in Salzkotten gehört – wurden im vergangenen Jahr 3.814 Geburten betreut, viele davon durch Beleghebammen. Diese Form der Betreuung ist nicht nur persönlich und engmaschig, sondern auch medizinisch sicherer – denn sie ermöglicht eine flexible und bedarfsgerechte Versorgung. Doch genau dieses System steht jetzt auf der Kippe.


Mit dem neuen Hebammenhilfevertrag drohen den freiberuflichen Beleghebammen massive Einkommensverluste. Künftig sollen Leistungen nur noch dann vollständig vergütet werden, wenn eine 1:1-Betreuung exakt zwei Stunden vor bis zwei Stunden nach der Geburt durchgehend stattfindet. Kommt es zur Betreuung mehrerer Frauen parallel - was in einem Kreißsaal häufig vorkommt - wird die Vergütung drastisch gekürzt. Leistungen für eine zweite Gebärende werden nur noch zu 30 Prozent vergütet. Im Ergebnis bedeutet das für viele Beleghebammen einen Einnahmeverlust von 20 bis 30 Prozent - bei gleichzeitig hoher Verantwortung und steigenden Versicherungskosten.

Die Folge: Immer mehr Hebammen ziehen sich aus dem Kreißsaal zurück. Wenn einzelne Kolleg:innen aus dem Team in Paderborn aussteigen, könnten ganze Versorgungsstrukturen wegbrechen. Neue Kolleg:innen lassen sich kaum finden - denn wer übernimmt schon das volle Risiko der Selbstständigkeit bei schlechterer Bezahlung? Sollte das Belegsystem an den St. Vincenz Kliniken kollabieren, müssten Schwangere auf weiter entfernte Krankenhäuser ausweichen - mit deutlich erhöhten Risiken für Mutter und Kind.


„Die Hebammen sind verzweifelt. Während sie rund um die Uhr für die Sicherheit von Müttern und Kindern sorgen, werden ihre Arbeitsbedingungen systematisch verschlechtert“, erklärt Charlotte Neuhäuser. „Beleghebammen haben keine Lobby, obwohl sie eine tragende Säule unseres Gesundheitssystems sind. Wir riskieren hier die Möglichkeit auf sichere, selbstbestimmte Geburten. Das ist nicht nur gesundheitspolitisch ein Skandal, sondern auch eine feministische Frage.“

Für Die Linke steht fest: Die wohnortnahe und gute Versorgung in der Geburtshilfe muss flächendeckend gesichert werden - mit fairen Arbeitsbedingungen für Hebammen und medizinischer Sicherheit für Gebärende und Kinder. Die Bedingungen dürfen nicht von finanziellen Bedingungen abhängen! Die zunehmende Ökonomisierung des Gesundheitswesens ist brandgefährlich - nicht nur in der Geburtshilfe. Wir sagen: Eine gute Gesundheitsversorgung ist keine Ware. Sie ist eine Frage der Gerechtigkeit - und ein Menschenrecht.